Die Zahlen
Die BfS-Zahlen basieren auf den Daten der PKS (polizeilichen Kriminalstatistik). Dort wird häusliche Gewalt über 31 konkrete Straftatbestände gemäss dem Schweizerischen Strafgesetzbuch und die folgenden Beziehungstypen zwischen der geschädigten und beschuldigten Person definiert:
- Partnerschaft
- ehemalige Partnerschaft
- Eltern-Kind-Beziehung (sowohl Angriffe der Eltern auf die Kinder als auch umgekehrt)
- restliche Familienbeziehungen
Gegenwärtig sind die neusten BfS-Zahlen diejenigen des Jahrs 2023, und diese wurden am 24.07.2024 letztmals rektifiziert. Für das Jahr 2023 existiert ein Überblick über die Totale pro Geschlecht, gegliedert nach den wichtigsten Straftatbeständen.

Als eine grobe Faustregel oder Grössenordnung kann man sagen, dass 2023 ca. 30% der Geschädigten Männer waren und 70% Frauen. Im Weiteren sieht man auch, dass die Relationen sich je nach Strafrechtsartikel – also je nach Art der häuslichen Gewalt – in Einzelfällen ziemlich stark von diesem Normalfall unterscheiden können.
Wenn man nur schon die hier ausgewiesenen Anzahlwerte zur Kenntnis nimmt, kommt man nicht darum umhin anzuerkennen, dass häusliche Gewalt nicht nur ein Frauenproblem darstellt, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem.
Vorbehalte zur Aussagekraft der Statistiken
Es wird leider nicht ermittelt, wieviele der Fälle aus der PKS ohne Schuldspruch (bzw. ohne Ergebnis im Strafverfahren) verlaufen sind sowie wieviele Fälle (Strafanzeigen) aus der PKS später in einem Strafverfahren überhaupt weiterverfolgt und wieviele wieder zurückgezogen wurden.
Auf der Website des BfS ist zur Erhebung der PKS-Zahlen Folgendes festgehalten (Kopie mit Texthervorhebung durch die IGM):
"Die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) gibt Auskunft über Umfang, Struktur und Entwicklung polizeilich registrierter Straftaten sowie über beschuldigte und geschädigte Personen. Bei der polizeilichen Kriminalstatistik handelt es sich um eine Anzeigestatistik. Für die beschuldigten Personen gilt bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung weiterhin die Unschuldsvermutung."
Korrekt ausgedrückt handelt es sich bei der PKS also gar nicht um eine Statistik der Fälle häuslicher Gewalt, sondern um eine Statistik über Beschuldigungen betreffend häuslicher Gewalt, denn um nichts anderes handelt es sich ja bei den Strafanzeigen.
Man muss feststellen, dass eine Statistik über die Resultate beendeter Strafverfahren ganz klar aussagekräftiger wäre als die Zahlen aus der PKS, welche nur eine Statistik über die eingegangenen Strafanzeigen sind und somit auch alle missbräuchlichen Strafanzeigen beinhalten, die oft in Scheidungsprozessen aus sogenannt "prozesstaktischen Gründen" platziert werden. Meistens werden solche Strafverfahren zwar nach einiger Zeit ergebnislos eingestellt, aber sie entfalten in den parallelen Zivilverfahren (z.B. Scheidungsverfahren) dennoch eine (verleumderische) Wirkung, und meistens bleibt auch nach Einstellung eines ergebnislosen Strafverfahrens noch ein Restverdacht am Beschuldigten hängen. Es wäre daher sehr wichtig zu beobachten, wie sich die Anzahl ergebnisloser Verfahren im Laufe der Zeit entwickelt, da sie in strittigen Trennungsverfahren äusserst wirksam sind, um Kontaktabbrüche zu erzwingen.
Andererseits sind die Zahlen aus der PKS aber natürlich besser als gar keine Zahlen.
Zeitliche Entwicklung
Da das BfS seit 2009 aufgrund der PKS die Jahresstatistiken erstellt, kann man mittlerweile bereits eine gewisse Entwicklung der Zahlen über die Jahre betrachten. Gegliedert nach einschlägigen Straftatbeständen sieht diese Entwicklung gemäss einer von der NZZ anhand von BfS-Daten erzeugten Grafik folgendermassen aus:

Man erkennt, dass langfristig ein eindeutiger Trend zu mehr Strafanzeigen besteht, mit Ausnahme der Jahre der Corona-Lockdowns, die zu einer temporären, leichten Entspannung bei der Anzahl Strafanzeigen führten. (Übrigens entgegen dem, was in vielen Medien kolportiert wird ...)
Nicht feststellbar ist, inwieweit es sich um eine tatsächliche Zunahme der häuslichen Gewalt handelt und inwieweit um eine Zunahme der "Strafanzeige-Freudigkeit", bzw. (besser) des Strafanzeige-Nutzen-Kalküls. Das eine schliesst dabei das andere nicht aus.
Auffällig ist, dass sich gemäss den BfS-Zahlen aus der PKS die Fallzahlen bei den Geschlechtern völlig verschieden entwickelt haben:
Jahr |
geschädigte Männer |
geschädigte Frauen |
2023 |
3 435 |
8 044 |
2022 |
3 393 |
7 995 |
2021 |
3 329 |
7 819 |
2020 |
3 402 |
8 106 |
2019 |
3 109 |
7 949 |
2018 |
3 077 |
7 576 |
2017 |
2 706 |
7 179 |
2016 |
2 697 |
7 343 |
2015 |
2 511 |
7 163 |
2014 |
2 263 |
6 708 |
2013 |
2 365 |
7 016 |
2012 |
2 248 |
6 701 |
2011 |
2 030 |
6 567 |
2010 |
2 259 |
6 972 |
2009 |
2 318 |
7 397 |
In absoluten Zahlen haben also im Zeitraum von 2009 bis 2023 die Opferzahlen bei den Männern von 2318 auf 3435 zugenommen, was einem Zuwachs von gut 48% entspricht, während sie im selben Zeitraum bei den Frauen von 7397 auf 8044 gestiegen sind, d.h. also um knappe 9%.
Auch hier wirft sich wieder die Frage auf, ob tatsächlich die Frauen so viel gewalttätiger geworden sind oder ob die Männer heute eher zur Polizei gehen als damals. Das eine schliesst das andere nicht aus.
Abhängigkeit vom Alter der Betroffenen
Die Totalzahlen des BfS aus der PKS fürs Jahr 2023 betreffend Geschädigten verteilen sich folgendermassen auf die Altersgruppen und Geschlechter:

Wenn man die drei Alterskohorten von 40 bis 69 betrachtet, ist es auffällig, dass die Verhältnisse der Geschlechter sich immer mehr angleichen. In der Altergruppe von 60 bis 69 haben wir z.B. 190 männliche und 205 weibliche Geschädigte, also diesselbe Grössenordnung bei beiden Geschlechtern.
Dies ist deshalb auffällig, weil man aus kulturellen Gründen annehmen würde, dass eher jüngere Männer schnell zur Polizei gehen, um eine Strafanzeige zu machen, als ältere, die noch eher im Rollenbild des "starken Mannes" verhaftet sind. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass in diesen Altersgruppen Kinder keine Rolle mehr spielen und deswegen bei Trennungen weniger missbräuchliche Strafanzeigen eingereicht werden, um Elternteile zu "entsorgen".
Dieser Sachverhalt existiert nicht nur im Jahr 2023, sondern auch in den Jahren davor. Es handelt sich also nicht um eine einmalige Angelegenheit.
Eltern-Kind-Entfremdung
Unverständlich, aber wahr: Eltern-Kind-Entfremdung ist (EKE) kein Straftatbestand und wird somit auch nicht in den Statistiken über die häusliche Gewalt aufgeführt (!). Dies ist ein Skandal, da EKE eine schwere Kindsmisshandlung darstellt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bezeichnet in diversen Urteilen EKE als emotionalen Missbrauch von Kindern.
Wovon reden wir?
Laut Familienbericht des BfS hat knapp ein Zehntel der getrennt lebenden Väter und Mütter, deren Kinder beim andern Elternteil wohnen, keinen Kontakt mehr zum Kind. Schätzungen zufolge betrifft das in der Schweiz rund 13'000 Kinder, die noch nicht volljährig sind. Wenn man überschlagsmässig ein Durchschnittsalter von fünf Jahren für ein Kind bei Trennung / Scheidung seiner Eltern annimmt (womit es bis zu seiner Volljährigkeit 13 Jahre von der EKE betroffen ist), kann man davon ausgehen, dass es jedes Jahr 1'000 neue Fälle von EKE in der Schweiz gibt.
Das bedeutet Folgendes:
- Wenn EKE ein Straftatbestand wäre, der zur häuslichen Gewalt gezählt wird, würde sich die Anzahl Fälle häuslicher Gewalt in der Schweiz wahrscheinlich von heute ca. 9'700 pro Jahr auf ca. 10'700 pro Jahr erhöhen, also um ca. 10%. Das wäre statistisch relevant.
- Wenn man davon ausgeht, dass eine EKE in 99% der Fälle von der Mutter verursacht wird und demzufolge der Vater die Strafanzeige einreichen würde, würde sich das Geschlechterverhältnis bei der häuslichen Gewalt in einem statistisch relevanten Ausmass (nämlich in ca. 1'000 Fällen pro Jahr) zuungunsten der Frauen verschlechtern.
Im Zusammenhang mit der EKE als häuslicher Gewalt sind noch zwei weitere Überlegungen zu beachten.
- Anders als bei den meisten andern Typen häuslicher Gewalt, wo die Person, die die Strafanzeige einreicht, auch meistens die Geschädigte ist, werden bei der EKE neben dem entfremdeten Elternteil (meistens dem Vater) die entfremdeten Kinder auch noch geschädigt, und zwar mindestens ebensosehr wie dieser (obwohl auf andere Weise). Es kann also durchaus sein, dass neben dem entfremdeten Elternteil, der die Strafanzeige einreicht und somit statistisch als "Geschädigter" gilt, noch viele weitere "Geschädigte" vorhanden sind; je nachdem nämlich, wieviele Kinder entfremdet wurden. Dies müsste statistisch ausgewiesen werden. (Wieviele der entfremdeten Kinder männlich und wieviele weiblich sind, wäre bei der EKE hingegen statistisch gesehen nur eine sekundäre Frage.) Das oft gehörte Gegenargument, dass Kinder auch durch häusliche Gewalt aufgrund eines eskalierenden Streits zwischen den Eltern traumatisiert würden und EKE deshalb "nicht so schlimm" sei, ist nur ein Scheinargument, denn natürlich können die streitenden Eltern in den meisten Fällen durch eine alternierende Obhut auf genügender Distanz gehalten werden, sodass keine häusliche Gewalt entsteht.
- Die zweite Überlegung in unserem Statistik-Zusammenhang ist auch, dass ein von EKE geschädigtes Kind mit Erreichen der Volljährigkeit natürlich nicht plötzlich nicht mehr von EKE geschädigt ist. Die Schädigung bleibt selbstverständlich permanent. Insofern ist also die kursierende Schätzung von 13'000 von EKE betroffenen Kindern irreführend. Wenn man auch noch alle Volljährigen hinzuzählt, die als Kind von EKE betroffen waren, kommt man ziemlich schnell auf Anzahlwerte von 80'000 bis 90'000 von EKE betroffene Kinder und Ex-Kinder plus 30'000 bis 40'000 entfremdete Elternteile (meistens Väter), total also ca. 110'000 bis 130'000 Personen. Wir reden bei EKE somit zweifellos von einem Problem von gesellschaftlicher Relevanz.
Und, wichtig: EKE ist eine Form von häuslicher Gewalt. Die Behauptung vieler blauäugiger und naiver sogenannter "Fachleute", dass EKE durch ehemalige häusliche Gewalt des entfremdeten Elternteils verursacht werde, ist fast immer falsch.
Gewalt fördernde Rahmenbedingungen
Ein IGM-Mitglied hat in einem Brief an Frau Bundesrätin Baume-Schneider darauf hingewiesen, dass die vom Staat betriebene, zutiefst ungerechte Diskriminierung der Männer bei Trennungen / Scheidungen bei ihnen zu andauernden Gefühlslagen unermesslicher Ohnmacht führt und dass diese Hoffnungslosigkeit häusliche Gewalt verursachen kann.
Es folgt ein Auszug aus seinem Brief:
".......... wurde aber sträflich vernachlässigt, die Rechte der Männer im häuslichen Bereich dementsprechend auszubauen. Da gab es zwar bescheidene Anpassungen, meist aber nur als optionale Rechte, welche im Konfliktfall nicht juristisch durchgesetzt werden können. Dazu zählt insbesondere die alternierende Obhut. Diese ist heute nur im gegenseitigen Einverständnis umsetzbar. Wenn der obhutsberechtigte Elternteil diesen verweigert, wird die alleinige Obhut einem Elternteil zugeteilt. Dies ist in der überwiegenden Mehrheit der Fälle die Mutter.
Folglich wissen die Männer genau, dass bei einer Scheidung der totale Kontaktabbruch zu den gemeinsamen Kindern die Konsequenz ist, falls die Partnerin dies erzwingen will. Genau dies ist die Realität in rund zehn Prozent der Scheidungen, den sogenannten hochstrittigen Fällen.
Für die betroffenen Männer ist die Ohnmacht unermesslich: Einerseits werden sie gezwungen, das gemeinsame "Nest" zu verlassen, sie werden zu hohen Unterhaltszahlungen verpflichtet, welche auch mittels Lohnpfändung durchgesetzt werden. Im Gegenzug erhalten sie gar keine Rechte: Selbst die beschämenden minimalen Besuchsrechte kann ein rachsüchtiger, obhutsberechtigter Elternteil aushebeln mittels Falschaussagen und Verleumdungen: Namentlich mit behaupteter häuslicher Gewalt und sexuellen Übergriffen. Tragischerweise gilt dann nicht die Unschuldsvermutung, so wie das in der Rechtsprechung sonst üblich ist. Unter dem Deckmantel vom Kinderschutz werden blosse Behauptungen für "bare Münze" genommen von den Behörden hierzulande.
Dies hat sich längst herumgesprochen und verleitet zum Einen viele Frauen zur Nachahmung, wenn die Ehe zerrüttet ist, da sie genau wissen, dass ihnen aufgrund der meist geringeren Erwerbstätigkeit in aller Regel die alleinige Obhut zugesprochen wird. Zum Anderen verleitet die Ohnmacht gegen die Mühlen der Justiz, KESB und BeiständInnen manche Männer zu Femizid, erweitertem Suizid und "lediglich" Suizid. Ganz zu schweigen von den zahllosen Männern, die aufgrund von hochstrittigen Scheidungen ihre Arbeitsstelle oft dauerhaft verlieren und in psychiatrischen Einrichtungen landen.
Es kann und darf nicht sein, dass die Behörden aktive Beihilfe zur Eltern-Kind-Entfremdung, EKE leisten. Genau dies geschieht aber in der gängigen Rechtspraxis hierzulande: Der obhutsberechtigte Elternteil ist juristisch überlegen und wird dabei unterstützt, wenn er den Kontaktabbruch erzwingen will.
Weil es bequemer für die BeiständInnen und RichterInnen ist.
Weil die Obhut nicht in Frage gestellt werden muss.
Weil es kein Konzept der Obhutsumteilung gibt."
Um dem entgegenzuwirken, schildert das IGM-Mitglied Frau Bundesrätin Baume-Schneider, wie diesem Missstand Abhilfe geschafft werden soll. Es folgt der entsprechende weitere Auszug aus seinem Brief:
"Daher ist es dringend nötig, eine Gleichberechtigung im häuslichen Bereich herzustellen. Dazu zählt insbesondere die Verankerung der alternierenden Obhut 50 % zu 50 % als Regelfall. Gleiches Recht für beide Eltern. Was davon abweicht, soll dann im gegenseitigen Einverständnis von den Eltern abgeändert werden können!"
Fazit
Die BfS-Zahlen zur häuslichen Gewalt basieren auf den Daten der PKS (polizeilichen Kriminalstatistik). Diese ist eine Statistik über die Strafanzeigen, d.h. also eigentlich Beschuldigungen (statt Urteile), und sie beinhaltet somit auch missbräuchliche Beschuldigungen, die zu Verfahren führen, die ergebnislos im Sand verlaufen, weil weder Beweise für eine Schuld noch solche für eine Unschuld der angezeigten Person gefunden werden.
Als eine Faustregel oder Grössenordnung sind ca. 70% Frauen und ca. 30% Männer als Geschädigte in der BfS-Statistik aufgeführt. Als Geschädigte werden diejenigen Personen ausgewiesen, die die Strafanzeigen aufgegeben haben. Von häuslicher Gewalt sind beide Geschlechter in relevantem Ausmass betroffen. Sie ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.
Die Eltern-Kind-Entfremdung (EKE) ist unverständlicherweise kein Straftatbestand und wird in der Schweiz auch nicht als häusliche Gewalt betrachtet, obwohl sie gemäss EGMR einen emotionalen Missbrauch der Kinder darstellt, welcher auch den entfremdeten Elternteil schwer belastet, und obwohl eine fünf- oder sechsstellige Zahl von Menschen in der Schweiz dadurch geschädigt sind.
Dadurch, dass Männer im Justizsystem und in der Politik aufgrund von pauschalen Rollenzuweisungen und Klischees nach ihrem Geschlecht diskriminiert werden, wird in bestimmten Fällen häusliche Gewalt durch staatliche Rahmenbedingungen und Aktionen sogar provoziert.
Der Staat kann demzufolge häusliche Gewalt reduzieren, indem er im Bereich der Familie die Gleichstellung der Männer umsetzt.
