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Seit 1. Januar 2021 haben Väter zwei Wochen Vaterschaftsurlaub! Volk stimmte der Vorlage im September 2020 klar zu.

In der Volksabstimmung vom 27. September 2020 wurde ein Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen mit einer grossen Mehrheit von über 60 Prozent der Stimmen angenommen. Die Annahme dieser aufgrund einer Volksinitiative des Gewerkschaftsver-bands entstandenen Vorlage ist ein grosser Erfolg für die Positionen, die von der IGM vertreten werden. Die Änderung tritt nächstes Jahr in Kraft. – Kleiner Wermutstropfen am Rande: Die Erhöhung der Kinderabzüge bei den Steuern wurde vom Souverän ebenso klar verworfen und erreichte nur 36,8 Prozent Ja-Stimmen.
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Ausgangslage
Die Schweiz ist leider eines der familienfeindlichsten Länder der zivilisierten Welt. Sicher haben auch Sie bereits im privaten Bereich Dis­kussionen mit Bekannten geführt, die Aussagen im folgenden Stil ge­macht haben: «Ich bin nicht sicher, ob es sich noch lohnt, Kinder zu haben.» Oder: «Zuerst will ich mich einige Jah­re um meine Karriere kümmern, und danach schauen wir dann vielleicht noch wegen dem Nachwuchs. Und zu­erst will ich auch noch die Welt ken­nenlernen und reisen.» Nicht ohne Grund ist der Anteil von Kindern ausländischer Eltern in der Schweiz in den Schulklassen so überpropor­tional gross. Es existiert zweifellos ein kultureller Unterschied zwischen der Schweiz und dem Ausland in die­ser Frage, und dies notabene, obwohl die ausländischen Familien in der Schweiz üblicherweise über weniger Geld verfügen als die schweizeri­schen. Es ist erstaunlich, wie wenig sich Politik und Bevölkerung mit dieser Sinnkrise befassen, die an den Grundfesten der menschlichen Exis­tenz rührt und gegen die Natur des Lebens gerichtet ist. Die Statistiken (Abb. 1 und 2) der OECD aus dem Jahr 2016 zeigen, ein wie hartes Pflaster für Familien die Schweiz im Vergleich mit andern zivilisierten Staaten ist, und zwar sowohl für Frauen als auch für Män­ner («Paid Leave» = bezahlter Urlaub nach Geburt eines Kindes):


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Nicht ganz unerwartet ist die Schweiz in beiden Statistiken am hintersten Ende der Ranglisten zu finden. Zu bemerken bei der Skala der Abbildungen 1 und 2: Es ist hier die Rede von Wochen bezahlten Urlaubs, nicht von Tagen! Mit andern Worten haben einige zivilisierte Staaten eine höhere Anzahl Wochen Elternzeit als die Schweiz Tage hat!

Kein Wunder also, dass die Schweiz ohne Zuwanderung aussterben würde. Wollen wir das wirklich? Sehen die politischen Ziele der Schweiz tatsächlich so aus? – Oder fehlt es in der Bevölkerung ganz einfach an der bewussten Wahrnehmung des Problems?aktuell von grossen Unternehmen, Kantonen und Städten links überholt.


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Soviel also generell zur Situation der Familienpolitik in der Schweiz. Wie sieht nun aber im Speziellen die Situation der Väter in der Schweiz aus? Die obenstehende Grafik der OECD von 2017 (Abb. 3) zeigt auf, wie gross der Anteil der Väter an der bezahlten Elternzeit in den zivili­sierten Staaten ist. Auch Sie werden «Switzerland» in der Abbildung 3 nicht gefunden ha­ben. Das liegt daran, dass der Anteil der Schweizer Väter so klein ist, dass er bei dieser Auflösung nicht mehr in blauer Farbe dargestellt werden kann(!). Soviel also zur Situation der Väter und Männer in der Schweiz. Erstaunlich, dass sich weder in Bun­desbern noch in der Bevölkerung je­mand dafür schämt.


Abstimmungsresultat

Die zur Abstimmung gelangte Vorlage mit zwei Wochen Vater­schaftsurlaub war der Gegenvor­schlag des Bundes zur Volksinitiative des Schweizerischen Gewerkschafts­verbands, die ursprünglich vier Wo­chen vorgesehen hatte. Dagegen wurde von einem Referendumsko­mitee, das aus Exponenten der SVP und anderer bürgerlicher Parteien bestand, das Referendum ergriffen. Bei der entsprechenden Unterschrif­tensammlung wurden unlautere Mittel angewendet, da sonst nicht genügend Unterschriften zusam­mengekommen wären. Unterschrif­tensammler informierten Passanten unrichtig, dass sie sich mit ihrer Un­terschrift für den Vaterschaftsurlaub einsetzen würden, statt dagegen (!), wir berichteten in den IGM Nach­richten bereits darüber. Mit Ach und Krach wurden so die notwendigen Unterschriften erreicht, und weil es weder eine Straftat ist, bei einer Un­terschriftensammlung Passanten zu belügen, noch sonst irgendwie un­rechtmässig ist, wurde das Referen­dum tatsächlich als gültig anerkannt (!). Die Stimmbürger hatten somit zu entscheiden.

Der Vaterschaftsurlaub wurde am 27. September 2020 mit einem klaren Mehr von 60,3 Prozent angenommen. Die Verteilung der Stimmen über die Kantone zeigt die Abb. 4.


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Klar erkennbar ist hier der Rös­tigraben sowie dieses Mal auch der Risottograben: Die Vorlage stiess ausserhalb der Deutschschweiz auf eine ausserordentlich hohe Zustim­mung. Beispielsweise belief sich in den Kantonen Waadt und Genf der Ja-Anteil auf ca. 80 Prozent der Stimmbürger, und auch im Kanton Tessin waren zwei von drei Stim­menden für den Vaterschafts­urlaub. In der Deutschschweiz sticht der Gegensatz zwischen urbanen und ländlichen Gegenden hervor. Es gilt, dass die Vorlage in den urban ge­prägten Gegenden bedeutend posi­tiver aufgenommen wurde als in den ländlichen. Was wahrscheinlich auch eine Rolle spielt, ist vermutlich die konfessionelle Prägung: Es scheint tendenziell in katholisch geprägten Gegenden eine stärkere Ablehnung der Vorlage vorhanden zu sein als anderswo. Weitere interessante Kriteri­en sind Geschlecht und Alter. Eine Meinungsumfrage gibt darüber Auf­schluss, siehe Abb. 5 unten. Keine Überraschung ist, dass die Zustimmung zum Vaterschaftsur­laub in der jüngeren Bevölkerung grösser ist, weil die ältere Bevöl­kerung die Geburten mehrheitlich schon «hinter sich» hat. Aus dem Blickwinkel der IGM als einer Männerorganisation erscheint es ausserordentlich bedenklich, dass ausgerechnet die Zustimmung der Männer zum Vaterschaftsurlaub kleiner ist als diejenige der Frauen. Nicht zum ersten Mal kann man er­kennen, dass die IGM mit ihren fa­milienpolitischen Zielen in der weib­lichen Hälfte der Bevölkerung mehr punkten kann als in der männlichen – eine verkehrte Welt.

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Ausblick

Der Vaterschaftsurlaub stellt aus Sicht der IGM nur einen ersten Schritt dar. Unser langfristiges Ziel besteht aus einer bezahlten Elternzeit – und zwar paritätisch, d.h. sowohl für Mütter als auch Väter. Die Elternzeit ist für Väter wichtig, damit ihre Be­ziehung zu ihren Kindern besser als bisher initialisiert werden kann. Für Mütter ist sie wichtig, damit sie nach Geburt eines Kindes beruflich weni­ger den Anschluss verpassen. Damit ist die Elternzeit auch ein Mittel zur Bekämpfung des Fachkräftemangels, der nach der Pensionierung der ge­burtenstarken Jahrgänge wohl ein­treffen wird. Die IGM befürwortet im Sinne einer Arbeitshypothese oder eines Richtwerts den Vorschlag der EKFF (Eidgenössische Koordinationskom­mission für Familienfragen) von 2018, den wir bereits in den IGM Nachrichten 2|2019 veröffentlichten (Abb. 6).

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Für eine derartige Elternzeit müsste die EO ausgebaut werden. Es ist klar, dass im gegenwärtigen, von der Corona-Pandemie und den Diskussionen um eine AHV-Lücke geprägten Umfeld eine solche Vor­lage auf Bundesebene keine Chan­ce hätte. Die IGM erwartet deshalb, dass in den nächsten Jahren mehrere «Insellösungen» bei der Elternzeit entstehen werden. Einerseits wer­den diverse Firmen – voraussichtlich vor allem grössere sowie öffentlich-rechtliche Betriebe – Lösungen für die Elternzeit entwickeln, um so ihre Attraktivität auf dem Stellenmarkt zu steigern.


Andererseits erwarten wir auch auf regionaler Ebene, d.h. auf Stufe der Kantone oder auf Stufe grosser Städte, die Einführung von Elternzeit-Modellen. Erst danach werden voraussicht­lich die dannzumal verschiedenen Modelle der Elternzeit in einer Bun­deslösung zusammengeführt wer­den, ähnlich wie dies 1985 bei der Einführung des BVG (Bundesvorsor­gegesetz) der Fall war, als die diver­sen, auf freiwilliger Basis geführten Pensionskassen Schweiz-weit har­monisiert wurden. Es wird also noch ein langer Weg zum Ziel sein. Die IGM setzt sich aber ganz klar schon heute für eine Elternzeit in der Schweiz ein.


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